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Wenn aus Gedankenlosigkeit Leid erwächst...

Oktoberbericht aus der Tierarztpraxis

19.10.24 –

Herbst ist Igelzeit. Das Laub verfärbt sich bunt und durch die Dämmerung flitzen Igelkinder und ihre Eltern. Sie suchen nach Schnecken, Würmern und Insekten und sind dabei gern gesehene Gäste in unseren Gärten. Jetzt müssen sie noch schnell ein paar Pfunde zulegen, um ihren Winterschlaf gut zu überstehen.

Doch in unseren aufgeräumten Landschaften wird das immer schwieriger. Kurzgehaltene Rasenflächen ohne Gänseblümchen und Klee, immergrüne Thuja- und Kirschlorbeerhecken – da gibt es nichts zu fressen und verstecken kann man sich als Igel auch nicht. Naturfreund*innen finden deshalb beinah täglich kleine Igel, die erst im August oder September geboren wurden, abgemagert, schwach und krank. Sie bringen sie in Tierarztpraxen oder Igelstationen, die wie auch die Private Igelhilfe Ahrensburg ihre Kapazitäten längst ausgeschöpft haben.

Es scheint immer mehr hilfsbedürftige Igel zu geben, dieses Jahr hat das dem Igel sogar den Titel „Wildtier des Jahres 2024“ eingebracht. Doch nicht nur der Hunger macht ihnen den Garaus. Auf dem Weg zwischen den Gärten bleiben sie in engmaschigen Zäunen stecken, fallen in Kellerfensterschächte oder werden auf der Straße überfahren. Und dann ist da noch diese neue, leise Gefahr, die sich auf dem Rasen heranschleicht: Mähroboter. Anders als von vielen Herstellern beworben zeigt eine Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung aus dem Jahr 2023, dass nur einer von 19 getesteten Mährobotern größere Igel als Hindernis erkennt und umfährt.

Was das bedeutet, erlebe ich in der Kleintierpraxis. Erst gestern musste ich einen jungen Igel einschläfern, dem so ein praktisches Gerät den gesamten Oberkiefer bis zu den Augen abgetrennt hatte. Ja, das habt ihr richtig verstanden: Mit dieser grässlichen Verletzung hat er noch gelebt. Und er war nicht der erste in diesem Jahr.

Ich bin Tierärztin und Mitglied bei den Grünen geworden, um solchen Tieren zu helfen, aber ist die größte Hilfe nicht, diese schrecklichen Leiden zu verhindern? Daher drei Appelle:

  1. Lasst liegen! Räumt nicht zu sehr auf und macht es euch stattdessen bequem. Laub kann unter die Hecke oder in die Beete geschoben bis zum Frühling liegen bleiben. Eure Pflanzen haben so einen kostenlosen Frostschutz und Igel finden darin Futter und Versteckmöglichkeiten.

  2. Lasst euch beraten! Einheimische Pflanzen sind wunderschön, pflegeleicht, kommen gut mit unserem Wetter zurecht und helfen unserer Tierwelt. Besonders preiswert findet man sie zum Beispiel auf dem Ahrensburger Pflanzenflohmarkt, der zweimal jährlich auf dem Rathausplatz stattfindet. Tipps zu Pflanzung und Pflege gibt es dort gratis!

  3. Lasst wachsen! Muss denn wirklich jede Blüte im Rasen gleich abgesägt werden? Reicht es nicht ab und zu persönlich zu mähen? Und wenn ihr einen Mähroboter benutzt: Lasst ihn nur tagsüber laufen! So schützt ihr Nützlinge wie Igel, Frösche und Eidechsen, die euch zum Dank den Garten von Schnecken befreien.

Mit besten Grüßen für den Herbst
Annika Stahlhut

 

Mehr Infos hier:

Deutsche Wildtierstiftung / Igel als Tier des Jahres 2024

Private Igelhilfe Ahrensburg / Facebook-Gruppe

MDPI Open Access Journals / Wissenschaftliche Studie zur Gefahr durch Mähroboter

 

Kategorie

2024 | Annika Hansen | Umweltausschuss

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